Zaunplatz

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Bernhard Fasser

Pfarrgasse 2

8755 Ennenda

Tel. 079 870 10 97

autofrei@zaunplatz.ch

 

Den Zaunplatz wünschen wir uns nicht nur autofrei, sondern auch als einen vielseitigen Ort, der mehr kann. Freiräume in einer Stadt sind immer ein verlockendes Angebot auf das, was einmal sein könnte, auf eine Zukunft, die unmittelbar oder auch nach Abstimmungen auf dem Ring unsere Lebensrealität bestimmen wird. Der Platz ist Ausdruck unseres Verständnisses für Demokratie. Hier werden nicht nur Stimmen abgegeben, sondern eingebracht. Hier wird auch gesprochen und diskutiert.

Uns Initianten war es ein Anliegen einen ansprechenden, wirkungsvollen Ort mit Glarner Charakter zu formulieren, der unverstellt und ungekünstelt bleibt. Er soll zum einen durch seine schlichte Grösse und Ruhe wirken und zum anderen durch die Materialwahl eine starke Präsenz entwickeln. An den Rändern werden neue Orte geschaffen, an denen man sich gerne aufhält. Sei es, um Boule zu spielen, dabei ein Glas Wein zu trinken oder um einzukaufen und Essen zu gehen.

Der zukünftige Zaunplatz ist nicht nur Platz in der Stadt Glarus, sondern auch Ausdruck der Kultur und Identität des gesamten Glarnerlandes.

Historie

© unbekannt
Will man heute die Bebauungsstruktur von Glarus erklären, beginnt man am besten beim Brand. Die Gassen des früheren Glarus kann man sich in etwa wie Ennenda vorstellen.
Der rote Kreis markiert den Stall neben Ratsherr Tschudis Haus. Hier begann der Grosse Brand 1861. Eindrücklich sieht man auf der Zeichnung wie der Föhn das Feuer nach Norden geblasen haben muss. Ein denkwürdiger Ort auf dem bzw. am Zaunplatz für das heutige, recht urban wirkende Glarus.
© Landesachiv Glarus
Der Zaunplatz wurde mitunter als 'Wöschhänggi' genutzt. Im Hintergrund schliesst eine giebelständig und breit stehende Baute den Platz. Die Wirkung ist fast malerisch. Vielleicht wäre das wieder ein guter Standort, um einen zukünftigen Glarner Pavillon als touristischen Informations- und Anziehungspunkt zu verorten.
Der Freiraum wirkt weitläufig und riesengross, so gar nicht wie sonstige städtische Plätze. Er wirkt mehr wie ein Anger, wie ein Feld oder eine Wiese, trotz der Flaneure auf dem Bild.
© Landesachiv Glarus
Ein Plan des neuen und alten Glarus der Herren Architekten Simon und Wolff. Hier wurde unmittelbar nach dem Brand die neue Ordnung der Stadt festgehalten, so auch die Marktgasse. Die strengen Konturen des heutigen Karrees sind im Zentrum gut lesbar.
© ETH Zürich e-pics, 1919 von Walter Mittelholzer
Der Ring liegt zum Schulhaus und der Zaunwiese asymmetrisch. Die Gärten drängen den freien Raum in Richtung Westen, hin zum Glärnisch. Die Kantonalbank hat noch keinen rückwärtigen Anbau, der sich später zu einem markanten Gebäudekopf ausweitet. Die Gebäudeflucht der Marktgasse ist noch frei und unverstellt. Auch hinter dem Zaunschulhaus ist der Hofraum noch frei. Das Schulhaus dominiert den inneren und äusseren Zaun.
© Landesachiv Glarus
Der Ring wirkt aus der Perspektive verkürzt, kreisförmig, obwohl er vermutlich elliptisch angelegt ist. Linkerhand sieht man die Bäume und Gärten. Rechterhand liegt die Häuserreihe. Hinten ein ähnliches Bild der Schwert- und Kärpfgasse. Die Landsgemeinde scheint im Raum nicht verankert, irgendwie schwebend. Räumlich wirkt sie unkontrolliert.
Ein genau anderes Beispiel für einen 'elliptischen Kreis' auf dem Platz aller Plätze. Auch diese Figur wirkt ringförmig und ist doch elliptisch. Der Kupferstich aus dem Jahr 1568 zeigt Michelangelos trapezförmigen Kapitolsplatz in Rom. Die zentral platzierte Reiterstatue Marc Aurels beherrscht den Hofraum. Von ihm geht alle Kraft aus. Doch unsere Demokratie funktioniert nicht mit Lichtgestalten in der Mitte. Unsere Mitte soll Raum für all das sein, was einmal sein könnte, worauf wir uns in Abstimmungen einigen.
Es braucht daher keine Skulptur, kein Kunstwerk. Vielleicht nur einen kleinen, leeren Ort, eine kleine Senke, sinnbildlicher Rahmen dafür was einmal kommen wird, worüber wir Stimmbürgerinnen und Stimmbürger befinden. Vielleicht nur eine kleine Inschrift wie sie mir der Glarner Künstler Martin Stützle zubrachte. Der Landamman Röbi Marti formulierte am Tag der Gemeindestrukturreform die Aufbruchsstimmung sehr bildhaft:
«jedesmal, wenn wir hier unter freiem himmel, und im kranz der berge, die geschicke unserer gemeinschaft, beraten und beschliessen, dann spüren wir ganz genau, jetzt wird es frühling.»
Offensichtlich scheinen die grossartigen Plätze von öffentlichen Räumen umfasst. Es gibt unzählige Beispiele dafür, vor allem in den schönen norditalienischen Städten wie Florenz, wo Plätze von Arkaden oder Kolonnaden gefasst wurden. Sie umrahmen die Atmosphäre und beleben den Platz, weil sie Schutz bieten.
Und vermutlich sind die Musikfestwochen in Winterthur daher so atmosphärisch aufgeladen und gut besucht, weil sie ebenso von Bauten umsäumt sind, die wie ein Kessel die Stimmung auf dem Platz halten.
Daher probierten wir das anfangs ebenso. Wir setzten im Osten eine lange Laube oder Pergola, so wie die Kolonade unserer renommierten Referenzen. Dazu bauten wir frech in den privaten Gärten – ohne zu fragen.
Wir taten das, weil wahlweise der Platz oder das Zaunschulhaus zu asymmetrisch wirkten. Der Platz verlöre an Kraft. Man sieht das gut auf dem Luftbild. Wenigstens müssten wir bei dieser Lösung nicht in fremden Gärten bauen. Es ist wohl besser, im Osten auf Kolonnaden zu verzichten.
Im Norden setzen wir eine Art 'Torhaus' oder Pavillon. Er formuliert den Übergang vom Zaunplatz zum Brunnenplatz an der Marktgasse. Auf dem kleinen Platz mit freier Brunnenform wird der Masstab enger, etwas gepresster und öffnet sich danach umso gewaltiger auf den Platz. Das 'Torhaus' ist offen und durchlässig. Es wendet sich sowohl dem neuen Brunnenplatz, als auch dem Zaunplatz zu. Nun sind die Übergänge endlich präzise formuliert. Der Zaunplatz wirkt einladender, wohnlicher. Mit dem 'altneuen' Baustein schaffen wir Raum mit Aufenthaltsqualitäten. Die Abendsonne wird in der Ecke eingefangen.
Es entsteht ein warmer, sonnenbeschienener Winkel. Die tiefe Gartenmauer wird zu einer überlangen Sitzbank. Hier spielt man Boule, trinkt und isst gemeinsam etwas mitgebrachtes oder geht in eine der umliegenden Beizen.
© Landesachiv Glarus
Je mehr die Gärten mit ihren Hecken und Mauern aus unserer Sicht den Platz zu verkleinern schienen, umso wichtiger wurde die Ahnung, dass es sich vielleicht nie um einen gängigen Platz handelte, sondern schon immer um ein grosses Stück Natur, eine Wiese, die mit den Gärten verwachsen war.
Die frühere Zaunwiese, sieht man von Süden her um 1830. Das Zaunschulhaus steht noch nicht. Wir fragen uns: Würde man heute eine Wiese anlegen und viele Leute würden darauf laufen, so wäre im Glarnerland die 'heruntergelaufene', vielgenutzte Wiese am Schluss doch ein steinerner Platz. Dafür gibt es unzählige Beispiele.
© Beglinger Bryan
Schauen sie sich um im Glarnerland! Achten Sie auf die Spuren in den Wiesen wie hier in Adlenbach. Viele Strassen sind keine Asphaltflächen und hart vom Wiesland getrennt. Es sind eher Spuren in den Wiesen. Darauf brachte mich der Landschaftsarchitekt Jonas Beglinger aus Mollis als wir zusammen an der Erneuerung der Strassenbeläge und Brunnenplätze in Adlenbach arbeiteten.
Bei den Häusern sind die Kieswege deutlich. Auf den Feldern sind die Wege nur sanft gespurt. Die Übergänge zwischen Wegen und Wiesen in Adlenbach verschleifen. Es geschieht sanft. Es gibt keine harten Schnitte die scharf zwischen Asphalt und Wiese unterscheiden.
Caruso St John Architects
Laufen wir also auf unseren Wiesen, dann kommen bald die Steine darunter zum Vorschein. Und Steine haben wir tatsächlich in allen Sorten und mehr als genug im Glarnerland.
Das Bild zeigt wie wunderschön grobe Naturbeläge wirken können und vor allem, dass solche Beläge aktuell eingesetzt werden, auch in schneereichen Gebieten und das ohne historisierend zu wirken. Die Wege sind weniger grob gestaltet und damit behindertengerecht. Ob die restlichen Flächen wirklich gepflastert werden gilt es noch zu untersuchen. Vielleicht reichen auch Kalkchaussierungen aus. Es wäre in etwa die gleiche, pragmatisch wirkende Oberfläche wie heute.
Caruso St John Architects
Das poetische Beispiel liegt in der skandinavischen Stadt Kalmar. Man kann sich gut vorstellen, wie der grobe Platzbelag an die geschnittenen Treppenstufen des Zaunschulhauses trifft. Die Bilder stammen von den britischen Architekten und Professoren der ETH Caruso St. John.
© Lando Rossmaier
Der Platz entsteht also dadurch, dass eine eigentlich grüne Wiese stark genutzt wird. Er wird kaum gestaltet und ergibt sich sozusagen von selbst, mit den darunterliegenden Steinen aus dem Glarnerland und den natürlich genutzten Wegverbindungen, die zu einer Art Trampelpfade werden. Das ist in etwa die Vorstellung, die uns im weiteren Prozess anleitet.
Verhaltensforscher nennen das Phänomen der Trampelpfade übrigens „Desire Lines“, zu Deutsch „Wunschlinie“. Die Pfade gleichen eigentlich einer Abstimmung mit den Füssen – deshalb seien sie eine sehr demokratische Angelegenheit, sagt Prof. Dirk Helbing von der ETH Zürich:
'Wie in der Demokratie entscheidet die Mehrheit. Schließlich kann sich ein Trampelpfad nur bilden, wenn ihn genug Menschen nehmen.' Wir finden das eine schöne Erklärung für den in die Berge eingebetteten Kanton.
Bei den Beizen stehen locker gesetzte Bäume, um darunter gemütlich zu sitzen. Davor gibt es Stellplätze für Autos und Velos. Der Platz ist weiterhin befahrbar.
Den Auftakt bildet eine Art Tor- oder Pförtnerhaus. Er ist 'Glarner Pavillon', Ausstellungsort unserer Geschichte, dort wo in etwa der Brand begann. Man zeigt hier unsere Eigenarten der Demokratie, unsere Herkunft und Zukunft. Es ist aber auch vielseitig nutzbares Foyer und frei bespielbarer Raum für verschiedene Nutzungen auf dem Platz.
Der Zaunplatz ist nun endlich frei, für Nutzungen aller Art. Es wird ein stimmungsvoller Platz. Ein Ort, der eine Atmosphäre fassen kann, der nicht die Stimmung in die Strassen verpuffen lässt. Wir denken, dass Musik- und Theaterdarbietungen oder eine Filmnacht hier gut aufgehoben wären. Die notwendigen Infrastrukturen dafür sind natürlich vorgesehen. Ebenso zwei, drei grosse Mastleuchten für die Nacht, wenn der Platz nicht genutzt wird.
© Lando Rossmaier
Der neue Zaunplatz in der Aufsicht und mit umgeklappten Fassaden. Es ist eine Projektskizze und doch in der Stossrichtung eindeutig. Nun gilt es diese weiter zu entwickeln, allfällige Bedenken und Hinweise einzuarbeiten und den autofreien Zaunplatz zu präzisieren. Schliesslich soll es ein kraftvoller und schöner Ort für Alle werden.